125 Jahre Berufsfeuerwehr Aachen III7780
Am 22. Mai 1901, einem Mittwoch, ging ein Entsetzensschrei durch Aachen: Das Karlshaus brennt". Gegen 1/2 8 Uhr Abends brach das Feuer in dem im Hof gelegenen Flügel, der Restaurationsräume und den großen Saal umfaßt, aus. Der geräumige Saal mit der reichen Ausmalung und der prächtigen Holztäfelung ist gegen 8 Uhr bereits vollständig zerstört. Die sofort herbeigerufene Feuerwehr war anfänglich durch den Rauch in ihrem Vorgehen arg behindert, und es gewann schon den Anschein, als wollte das mächtig entfachte Feuer auf die angrenzenden Gebäude überspringen, als die Dampfspritze, die nach Ansicht zahlreicher Beobachter eigentlich zu spät herbeigerufen wurde, eingriff und mit ihren mächtigen Strahlen das Feuer zum Stillstand brachte. Der Dachstuhl, die Räume oberhalb des Versammlungssaales sowie die Holzdecke und das Gallerieschnitzwerk des letzteren sind total zerstört. Während des Brandes waren zahlreiche Taschendiebe sowohl auf der Brandstätte selbst wie auch in der dichten Zuschauermenge bei der Arbeit. Unter anderem wurden zwei Kellnern des Restaurants Karlshaus, als sie ihre privaten Habseligkeiten in Sicherheit bringen wollten, ihre Uhren gestohlen. Als Täter wurden zwei hochherzige" Männer, die beim Ausbruch des Brandes zur Hülfe" herbeigeeilt waren, entlarvt und dingfest gemacht.
Karlshaus

Amtlich wird über den Brand Folgendes berichtet: Gestern Abend 7 Uhr 25 Minuten wurde die Feuerwehr von drei Meldestellen aus nach Kapuzinergraben 11 gerufen, wo auf dem Speicher des im Hofe gelegenen Flügel des Karlshauses, welcher die Restaurationsräume und darüber den großen Saal enthält, aus bisher unbekannter Ursache Feuer entstanden war, welches sich über den ganzen Speicher ausbreitete, den Dachstuhl entzündete und die darunterliegende Decke des Saales durchbrach. Bei der großen Gefahr, in welcher die angrenzenden Gebäude, namentlich diejenigen des Hauptpostamtes schwebten, wurde sofort das Notsignal" (Alarm für die gesamte Feuerwehr und Dampfspritze) gegeben und das Brandobjekt von allen Seiten mit einer Dampfspritze und 13 Strahlrohren energisch angegriffen. Die Dampfspritze arbeitete vorzüglich, so daß dieselbe nach 25 Minuten ihrer Tätigkeit außer Betrieb gesetzt werden konnte. Nach etwa einstündiger, anstrengender Arbeit war die Gefahr beseitigt und das Feuer gelöscht. Der ganze Dachstuhl, die Saaldecke und ein Teil der Galerie des Saales wurden zerstört bzw. beschädigt, während die benachbarten Gebäude, deren Dächer meist mit Schlauchleitungen besetzt waren, vom Feuer verschont blieben. Der Schaden, welcher der Karlsgesellschaft als Eigentümerin des Karlshauses erwachsen, ist dem Vernehmen nach durch Versicherung gedeckt. Gegen 9 1/2 Uhr konnte der größte Teil der Feuerwehr zurückgeschickt werden. Die Nacht über und im Laufe des folgenden Tages werden Brandwachen an der Brandstätte abwechselnd unterhalten. Erwähnt sei noch, daß die Herren Oberbürgermeister Veltman und der Polizeipräsident Wallraf auf der Brandstelle zugegen waren.

Am 23. Februar 1902, Rosenmontag, am Abend um 9 Uhr 20 Minuten, brach im Hause Elsaßstraße 70, im 1. Stock des Seitenbaus ein Großfeuer aus, welches sich auf das Treppenhaus im Vorderhaus ausdehnte. Da Menschenleben in Gefahr waren, ging die Feuerwehr sofort über Hakenleitern mit Rettungsapparat vor und rettete aus der 2. Etage eine Frau, aus der 3. Etage 1 Mann und 1 Kind; über die straßenwärts ausgeschossene pneumatische Feuerleiter wurden aus dem 3. Stock 1 Frau und 2 Kinder, im ganzen 6 Personen gerettet. Keine der Personen wurde verletzt. Das Feuer wurde mittels vier Strahlrohren gelöscht. Zwei Zimmer brannten aus.



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Am 3. März 1903 ließ sich der Herr Oberbürgermeister die 2. und 3. Kompagnie an Kaserne II vorstellen, wobei den bei den Rettungsarbeiten beteiligten Feuerwehrmännern eine öffentliche Belobigung für ihr Verhalten zuteil wurde. Außerdem erhielten die betreffenden Leute Gratifikationen.

Am 27. Juni 1904, einem Montag, gegen 11 Uhr Abends färbte ein blutroter Schein den Himmel im Nordosten der Stadt. In der Gegend um Haaren wütete ein mächtiges Großfeuer. Tausende Menschen wanderten zum Kölntor" hinaus, zum Teil auch durch den Paß" und über den Grünenweg" um dem Brande näher zu kommen. Eine Kompagnie der städtischen Feuerwehr machte sich, dem Feuerschein folgend, auf den Weg um die Brandstätte zu suchen. Erst viel zu spät kam endlich eine direkte Meldung an die Wehr und zwar von der Jülicher Straße her. Nunmehr rückten hintereinander die städtischen Kompagnien unter Zurücklassung von Stadtreserven zur Brandstätte ab, schließlich sogar noch die 2. Dampfspritze von Burtscheid, die bei dieser Gelegenheit zum ersten Male eingesetzt wurde. Als die Wehren in der Metzgerstraße ankamen, stand dort der Shedbau der Cudell-Motor-Compagnie bereits lichterloh in Flammen, so daß Offiziere der Brandwachen von vornherein den Gedanken aufgeben mußten, etwas aus dem Brandherd zu retten. Der heftige Wind erschwerte den Löschmannschaften ihre Arbeit ungemein, aber es gelang eine Ausdehnung des Feuers zu verhindern. Die Feuerwehr arbeitete unter ihrem Leiter, Herrn Branddirektor Ney und seinem Offiziersstab. Lobend hervorgehoben wurde die Ruhe und Umsicht der Mannschaften am Feuer und an den Dampfspritzen. Ein starkes Aufgebot von Schutzleuten und Mannschaften des 14. Infanterieregiments konnten nur mit Mühe die Schaulustigen zurückhalten.

Vernichtet wurden die Montage- und Probierhalle, die Motorstation, das Magazin und die Kontrollstation des Werkes. Stark in Mitleidenschaft gezogen wurde die Werkzeugmacherei. Modellzeichnungen und andere wichtige Papiere verbrannten. Ebenfalls fielen dem Feuer 20 fertige Automobile und ein neuer großer Lastwagen zum Opfer. Vermutlich entstand das Feuer beim Reparieren eines leck gewordenen Benzinbehälters.

Die rasche und gewaltige Ausdehnung des Brandes wird auf eine zu späte Benachrichtigung der Feuerwehr, zudem noch durch eine entlegene Meldestelle, zurückgeführt. Die erste Feuermeldung erfolgte sonderbarerweise nicht durch den etwa 600 m entfernt liegenden Feuermelder bei de Hesselle oder an der Gasfabrik, sondern durch den 2 km entfernt liegenden Feuermelder an der Paßstraße. Die Unkenntnis der Lage der nächsten Feuermeldestellen ist jedenfalls auch hier Ursache gewesen, daß der Schaden größer geworden, denn es hätten 15 kostbare Minuten durch richtige Meldung erspart werden können.

Am 26. Oktober 1908, einem Montag, wurde die Feuerwehr durch den öffentlichen Feuermelder zur Sandkaulstraße 28 gerufen. In drei Zimmern des Erdgeschosses war Feuer ausgebrochen. Feuer und Rauch waren durch das Treppenhaus in die oberen drei Stockwerke gedrungen. Den dort befindlichen Personen war der Rückweg versperrt und sie drohten zu ersticken. Die anrückende Wache nahm 2 Schlauchleitungen gegen den Brandherd vor. Gleichzeitig leitete man ein Rettungsmanöver mit Haken- und mechanischer Leiter an der Straßenfront ein. Dem Führer des Löschzuges, Brandmeister Schulzen, später Branddirektor der Feuerwehr Aachen, gelang es über die Treppe vorzudringen und die Bewohner des dritten Geschosses solange zurückzuhalten, bis von außen Hilfe kam. Aus dem ersten Stock wurden die Ehefrau Adrian, deren Tochter Katharina, 12 Jahre alt, und der Sohn Jakob, 2 Jahre alt, sowie der 19-jährige Sohn des Tagelöhners Jennes über Hakenleiter, aus dem dritten Stock die drei Kinder der Eheleute Hermanns im Alter von 3/4, 10 und 11 Jahren mit dem Rettungsapparat gerettet. Es gelang, sämtliche Bewohner des Hauses zu retten.

Amtlich wurde u.a. geschrieben: Es wird vermutet, daß sich der Bewohner des Erdgeschosses mit brennender Zigarette ins Bett gelegt hatte und eingeschlafen ist. Er wurde vor Eintreffen der Feuerwehr von Hausbewohnern gerettet. Diese haben hierbei leider den so oft gerügten Fehler begangen, die nach
Zeitungsanzeige vom 1. November 1908
zum Einsatz Sandkaulstraße 28 vom 28. Oktober 1908



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dem Treppenhaus führende Türe des brennenden Zimmers hinter sich offen zu lassen. Es kann nicht oft genug darauf hingewiesen werden, wie gefährlich es ist, Türen brennender Räume offen stehen zu lassen.

Am 6. Juli 1910, einem Mittwoch, morgens gegen 7 1/2 Uhr stießen an dem Bahnübergang der Königstraße ein belgischer und ein holländischer Eisenbahnzug zusammen. Der holländische Zug kam mit verminderter Geschwindigkeit vom Bahnhof Templerbend, wo zum Glück alle Passagiere ausgestiegen waren, und wollte zum Betriebsbahnhof (heutiger Hauptbahnhof). Gleichzeitig näherte sich der belgische Zug aus Bleyberg der Unglücksstelle, einer Weiche, welche beide Strecken verband. Sowohl das Signal am Westfriedhof als das auf der folgenden Signalstation stand auf Freie Fahrt". Der belgische Maschinenführer mag deswegen mit ziemlicher Geschwindigkeit weiter gefahren und durch das Haltsignal vor der Überführung in der Junkerstraße überrascht worden sein. Es gelang dem Maschinenführer nicht mehr, den schweren Zug bei dem starken Gefälle und der Schlüpfrigkeit der feuchten Schienen zum Stillstand zu bringen. Obwohl auch der holländische Maschinenführer alles tat, seinen Zug anzuhalten prallten beide Züge aufeinander.

An der Unfallstelle herrschte zunächst große Verwirrung. Das Wehgeschrei der Verletzten mischte sich mit den Hilferufen der Straßenpassanten. Dieses hörte auch der ganz in der Nähe wohnende Branddirektor Scholz. Er brachte sie richtig in Verbindung mit der starken Detonation, die er vom Bahnkörper her vernommen hatte und alarmierte sofort die Feuerwehr der Vinzenzstraße, die bereits nach ein paar Minuten erste Hilfe leistete. Kurze Zeit später traf die gesamte Feuerwehr und die Wachen der Unfallstation ein. Die Verletzten wurden zum größten Teil mit Äxten, Hebebäumen, Sägen u.s.w. befreit. Mit Tragbahren, Handwagen, Droschken und sogar auf Stühlen wurden sie den Aachener Hospitälern zugeführt. Das Unglück forderte keine Todesopfer, jedoch wurden 8 Personen schwer und eine unbekannte Anzahl leicht verletzt. Der Lokomotivführer des belgischen Zuges hat eine schwere Rückenverletzung davongetragen, er wurde bewußtlos auf dem Kohletender gefunden. Sein Heizer, der Maschinenführer und der Heizer des holländischen Zuges blieben unverletzt. Zum
Zugunglück an der Königstraße
Links auf dem Foto ist das erste Benzin-Last-Automobil mit aufmontierter Zentrifugalpumpe der Aachener Feuerwehr zu sehen. Es dürfte sich hier wohl um einen der ersten Einsätze dieses Fahrzeugs gehandelt haben.

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Glück hatte ein deutscher Zug, der normalerweise um die gleiche Zeit die Unfallstelle passieren sollte, Verspätung, sonst wären die Unglücksfolgen weitaus größer gewesen. Höchstes Lob zollte man der Aachener Feuerwehr für das geleistete Rettungswerk.

Am 12. Dezember 1910, einem Montag, brach im Quirinusbad, am Hof, Feuer aus. Die Kellnerlehrlinge Josef Kieker (14 Jahre) und Wilhelm Kraus (16 Jahre) erstickten bzw. verbrannten. Die Bürodame Frl. Lövenich wurde mit einer erheblichen Kopfverletzung ins Hospital eingeliefert. Mehrere Bedienstete und der einzig im Hotel wohnende Kurgast, Freiherr von F., haben Verbrennungen an den Händen davongetragen. Das Quirinusbad wurde durch den Brand total vernichtet.

Das Quirinusbad bestand aus drei Teilen mit eigenen Treppenhäusern. Das Feuer brach im mittleren Teil des Bades aus. Es breitete sich sehr rasch über das erste Stockwerk zum linksseitigen Treppenhaus aus. In diesem Teil schliefen die männlichen Bediensteten. Während ein Hausbursche, der in dem Zimmer direkt an der Treppe schlief, wenn auch mit schweren Brandwunden an den Händen, den Hinterausgang erreichte, scheinen die beiden Lehrlinge vom Rauch betäubt worden zu sein. Der eine hat nicht einmal den Versuch gemacht, sich aus dem Bett zu erheben. Der andere gelangte noch in ein Zwischenzimmer und sank dort besinnungslos zu Boden. Das Tragischste an dem Geschick der beiden jungen Leute war, daß der kleine Schritt aus dem Fenster, das auf ein angrenzendes Dach mündete, sie gerettet hätte.

Langsamer breitete sich das Feuer zum rechten Flügel aus, in dessen zweitem Stockwerk das weibliche Personal schlief. Ein Fräulein gelangte noch über die Treppe ins Erdgeschoß und stieg durch ein Fenster auf die Straße. Sie veranlaßte vorübergehende Passanten das Feuersignal zu geben. Inzwischen war die Feuerwehr von gegenüberliegenden Geschäftsleuten telefonisch verständigt worden. Die erste Feuer-Meldung erfolgte um 11.57 Uhr am Abend am Rathaus, das zweite um 11.58 Uhr vom Büchel und dann kam die telefonische Meldung. Um 12.03 Uhr löste die Feuerwehr das Stichwort Großfeuer, Menschenleben in Gefahr" aus und einige Minuten nach Mitternacht war die gesamte Feuerwehr auf der Brandstätte.

Das im 2. Stockwerk wohnende weibliche Personal suchte, mit Ausnahme des durch das Treppenhaus geflüchtete Fräulein, ihr Heil durch die Fenster. Ein Dienstmädchen ließ sich aus einem Fenster des ersten Stockwerks auf die Straße fallen, wo es von mehreren Herren aufgefangen wurde. Die Bürodame Loevenich und ein zweites Dienstmädchen erschienen in einem zur Foillanskirche hin gelegenen Fenster des zweiten Stockwerks und schrieen um Hilfe. Während das Dienstmädchen unversehrt über eine Hakenleiter gerettet wurde, hing Fräulein Loevenich, von Qualm und Glut bedrängt, an einem Fensterkreuz. Noch bevor das Sprungtuch ausgebreitet war und der Befehl Springen" kam, verließen sie die Kräfte und sie mußte loslassen. Dabei schlug sie mit ihrem Kopf auf das Mauerwerk auf.

Vielleicht wäre es der Feuerwehr gelungen die beiden Lehrlinge zu retten, wenn sie vom Personal früher darauf aufmerksam gemacht worden wäre. Erst nachdem sie Kenntnis über die Vermißten hatte, ging die Wehr mit aller Energie von hinten gegen das Quartier der Lehrlinge vor. Die Glut war jedoch so stark, daß die Feuerleute nur sekundenweise und unter Anwendung aller Vorsicht eindringen konnten. Herr Brandmeister Bölling drang als erster in den Raum ein, und da er zwei leere Betten vorfand, glaubte er die Lehrlinge schon gerettet. Bei nochmaligem Vorgehen entdeckte man die eine Leiche in dem dritten, gleich rechts neben dem Fenster stehenden Bett und später die andere auf dem Fußboden des Zwischenzimmers. Noch in der Nacht weilte die Staatsanwaltschaft auf der Brandstelle. Am Morgen ließ sich Herr Oberbürgermeister Veltman durch Herrn Branddirektor Scholz die Einzelheiten an Ort und Stelle schildern.
Das erste Benzin-Last-Automobil mit aufmontierter Zentrifugalpumpe der Aachener Feuerwehr



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