125 Jahre Berufsfeuerwehr Aachen IV8590
Die Berufsfeuerwehr Aachen in den Jahren 1921 bis 1945 Die eintretende Geldentwertung und im Jahre 1923 der passive Widerstand brachten die Aufbauarbeiten, soweit sie noch erledigt werden konnten, zum Erliegen. Das Jahr brachte Deutschland infolge der politischen Verhältnisse, die als Folgen des Krieges auftraten, an den Rand des Abgrundes. Daß hierbei die Stadt Aachen, an der äußersten Westgrenze gelegen, ganz besonders hart betroffen wurde, lag in den Verhältnissen bedingt. Den Höhepunkt brachte der August 1923 mit der Herrschaft der Separatisten, die in Aachen 12 Tage regierten".

Die Separatisten erstrebten eine Loslösung der Länder auf dem linken Rheinufer von Deutschland und die Bildung eines Pufferstaates unter der Schutzherrschaft von Frankreich. Wenn auch der überwiegendste Teil der Bevölkerung gegen die Loslösung war, so hatten sich doch unter dem Druck der auftretenden großen Arbeitslosigkeit und der damit verbundenen schwierigen wirtschaftlichen Lage auf weite Kreise des Mittelstandes und ein Teil der Bevölkerung dieser Bewegung angeschlossen in der Hoffnung auf eine Besserung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse. Eine aufgestellte militärähnliche Organisation sollte, da ihr Anhang nur einen kleinen Teil ausmachte, mit Gewalt die Regierungsgewalt in den linksrheinischen Gebieten erobern. So kam es im Oktober 1923 in verschiedenen Städten und Landesteilen, so auch in Aachen, zu Putschversuchen. So wurden auch in der Nacht zum 21.10.1923 das Rathaus und alle Dienstgebäude der Regierung, der Post, Reichsbank usw. von den Truppen der Separatisten besetzt. Nur das Polizei-Präsidium und die 3 Feuerwachen blieben verschont. Überall wehten die Fahnen der Separatisten und bewaffnete Trupps durchzogen die Stadt. Die Polizei war auf Befehl der Besatzung im Polizei-Präsidium zusammengezogen und konnte nur in Gemeinschaft mit belgischen Gendarmen ihren Patrouillen-Dienst versehen. Mit anderen Worten, sie durften nicht eingreifen.

Aus eigenem Antrieb überrumpelten am 23. Oktober die drei Löschzüge der Feuerwehr die Besatzung des Rathauses, die sich jedoch zum größten Teil in Sicherheit bringen konnten. Die Feuerwehr besetzte die sämtlichen Räume des Rathauses und holten die Separatistenfahnen herunter. Durch diese Ak-tion war es der Stadtverwaltung möglich, ihre Diensträume wieder in Benutzung zu nehmen. Zur Sicherung gegen Störversuche der Separatisten wurden aus Beamten, Angestellten und Arbeitern ein Sicherheitsdienst für das Rathaus gebildet, der Tag und Nacht seinen Dienst versah. Das Rückgrat dieses Wachdienstes bildeten Angehörige der Feuerwehr, die sich während ihrer Freizeit zur Verfügung stellten. Doch die Separatisten ruhten nicht und zogen Verstärkung heran, so daß am 2.11.1923 gegen 2500 bewaffnete Männer zur Verfügung standen. Unter dem Druck dieser schwer bewaffneten Truppen, die am 2.11. von morgens 5 bis 11 Uhr das Rathaus belagerten und mit Maschinengewehren und leichten Minenwerfer beschossen, mußten die Verteidiger sich gegen 11.30 Uhr ergeben, nachdem schwerbewaffnete Trupps durch die Diensträume des belgischen Bezirksdeligierten in das Rathaus eingedrungen waren. Unter den Gefangenen, die in das Regierungsgebäude am Theaterplatz abgeführt wurden, befanden sich 26 Angehörige der Feuerwehr. Auch das Personal der Feuerwache II wurde geschlossen in das Regierungsgebäude abgeführt. Durch das Eingreifen des englischen und niederländischen Konsuls ordnete die belgische Regierung den Abzug der bewaffneten Separatisten an, die dann auch ab 14 Uhr erfolgte. Der Separatistenputsch war damit für Aachen
Mannschaftsbild nach einer Übung



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und seine nähere Umgebung vorbei. Die Feuerwehr hatte durch ihren spontanen Einsatz bei der Bekämpfung dieser Horden wesentlich zum Mißerfolg des Putsches beigetragen.

Nach der Beendigung des passiven Widerstandes und der Schaffung einer stabilen Währung im November 1923 konnte die Arbeit um die Weiterentwicklung des Feuerschutzes in normale Bahnen gelenkt werden. Die noch als Folgen des Krieges und der Geldentwertung der Nachkriegszeit vorhandenen Schäden in der Ausrüstung konnten beseitigt werden. Im Jahre 1926 hatte die Stadt Aachen eine Bevölkerung von rund 156 000 erreicht, das Stadtgebiet umfaßte ein Gebiet von 5850 ha. Der Personalbestand betrug 113 Köpfe: 1 Branddirektor, 3 Brandingenieure, 1 Büroinspektor, 3 Brandmeister, 1 Telegr. Bauführer, 1 Tel. Mechaniker, 15 Oberfeuerwehrmänner und 88 Feuerwehrmänner. Davon waren 4 Telegrafen-Gehilfen und 3 Sanitäter. Die Feuertelegraphen-Anlage hatte bei einer Leitungslänge von 165 km Freileitung einen Bestand von 77 öffentlichen und 65 Privat-Feuermelder, daneben in der kombinierten Anlage 182 Privatfeuermelder und 431 Nebenuhren einschließlich der Signalapparate. Für die Wasserversorgung standen 1375 Unterflur- und 14 Oberflurhydranten zur Verfügung. 416 Alarmierungen, 3683 Unfall- und Krankentransporte sowie 370 Hilfeleistungen bei Unfällen kennzeichnen die umfangreiche Tätigkeit der Feuerwehr im Interesse der Bürgerschaft.

An Fahrzeugen standen für den Einsatz zur Verfügung: 3 Kraftfahrspritzen, 3 Kraftfahrdrehleitern, 1 Rüstkraftwagen, 1 Motorrad, 1 Personenwagen, 1 Lastwagen als Arbeitswagen, 3 Krankenkraftwagen und eine Montageleiter von 17 m Länge für den Telegraphenbau. In den eigenen Werkstätten, in denen nur Angehörige der Feuerwehr während der Arbeitszeit beschäftigt wurden, konnten alle Instandsetzungen an Fahrzeugen, Gebäuden und Ausrüstungen erledigt werden, so daß die fachlichen Kosten auf das geringst mögliche Maß beschränkt wurde. Die Ausbildung des Personals wurde nach entsprechend aufgestellten Richtlinien und Plänen sehr intensiv betrieben. Zur Weiterbildung waren Spezialkurse eingelegt, so für Anwärter auf Oberfeuerwehrmannstellen und für Telegrafisten, die jedesmal mit einer Prüfung abschlossen.

Leider mußte zu dieser Zeit einer ruhigen Fortentwicklung ein Rückschlag eintreten. Der Leiter der Wehr erlitt im Januar 1926 einen Schlaganfall, an dessen Folgen er im Dezember 1928 verstarb. Sein Vertreter erlitt im März 1926 gleichfalls
Fahrzeug der Berufsfeuerwehr vor dem Aachener Dom
einen Schlaganfall und starb innerhalb 2 Stunden. Ehrenbranddirektor Beduwe übernahm nun nochmal die Geschäfte als Leiter der Feuerwehr, die er nun bis zum Jahre 1932 - Erreichung der Altersgrenze - behielt. Besondere Ereignisse sind in dieser Zeit nicht zu verzeichnen. Für die Mannschaft trat insofern eine Diensterleichterung ein, als 1927 anstelle des 48-stündigen Dienstes der 36-stündige Dienst und im Jahre 1930 der 24-stündige Dienst in Angleichung an die Verhältnisse bei den Berufsfeuerwehren in anderen Städten durchgeführt wurde. Nach einer Zeit der Hochkonjunktur in der Privatwirtschaft trat seit dem Jahr 1929 eine Wirtschaftskrise ein, die sich natürlich auf die öffentliche Verwaltung auswirkte. Ein Höchststand von über 7.000.000 Arbeitslosen im Deutschen Reich zwang zu größter Einschränkung bei den Städten und sonstigen Verwaltungsstellen. Daß hierunter auch die Feuerwehr leiden mußte, ist nicht verwunderlich. Nach langen Überlegungen verfügte die Stadtverwaltung eine Umorganisation. Die Feuerwache II Oligsbendengasse wurde im Februar 1931 aufgegeben. Neben zehn Mann, die in andere städtische Dienststellen versetzt wurden oder infolge ihres Alters in den Ruhestand traten, wurde der Rest auf die beiden anderen Wachen verteilt. Diese Maßnahmen ließen sich auch vom technischen Standpunkt vertreten, da durch die vollständige Umstellung von Pferden auf



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Automobile der Feuerwehr und den Ausbau der Feuermeldeanlagen in den Vorjahren ein wesentlicher Nachteil im Feuerschutz nicht eintrat. Nur das Krankentransportwesen blieb vorläufig noch in der Oligsbendengasse, da in den beiden anderen Feuerwachen ein Platz hierfür nicht geschaffen werden konnte.

Nach dem Ausscheiden des Ehrenbranddirektor Beduwe übernahm im Oktober 1932 der Oberbaurat Dr. Ing. H. Oster die Leitung der Feuerwehr, zunächst neben seiner Tätigkeit bei der städtischen Bauverwaltung, und im Jahre 1933 hauptamtlich.

Wie bei allen städtischen Dienststellen sollten auch bei der Feuerwehr weitere Einsparungen erzielt werden. Da die fachlichen Kosten an sich schon auf den geringst möglichen Stand gebracht wurden, konnten diese Einsparungen nur beim Personal erfolgen. Aber auch hier gab es eine Grenze nach unten, sollte der Feuerschutz der Stadt nicht größeren Schaden erleiden. Es muß anerkannt werden, daß die Stadt Aachen seit Jahrzehnten ganz besonders Wert auf einen guten und einsatzfähigen Feuerschutz gelegt hatte und nur die großen finanziellen Schwierigkeiten infolge der großen Wirtschaftskrise der dreißiger Jahre sie zu einschneidenden Maßnahmen bei der Feuerwehr veranlassen konnte. Nach reiflicher Überlegung wurde 1932 der Personalbestand dann auf 85 Köpfe festgelegt. Damit sollten auf den beiden Feuerwachen je ein Löschzug, bestehend aus Kraftfahrspritze und Kraftfahrleiter, die notwendigen Spezialfahrzeuge und die drei Krankenwagen bemannt werden. Eine Veränderung der Dienstzeit für das Personal wurde vermieden.

Bis zum Jahr 1933 kann von einer gesetzlichen Regelung des Feuerschutzes in dem früheren preußischen Staate und Deutschland nicht gesprochen werden. Die gesetzliche Grundlage gab nur das allgemeine Landrecht (§10 Titel 17, Teil II) wonach es Sache der Polizei war, die nötigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und zur Abwehr der dem Publikum oder einzelnen Mitglieder desselben bevorstehenden Gefahren zu treffen. Hiernach gehörte auch die Verhütung und Löschung von Schadenfeuer zur Aufgabe der Polizei. Damit die Polizei diese ihre Aufgabe erfüllen konnte, war die Gemeinde verpflichtet, ihr eine ausreichende Feuerwehr bei Bränden zur Verfügung zu stellen. Wie sie sich dieser Aufgabe entledigte, blieb ihr überlassen. Die Polizei hatte ihr Augenmerk darauf zu richten, daß seitens der Gemeinde eine genügende Anzahl geeigneter Feuerlösch- und Rettungsgeräte vorgehalten, das zu Feuerlöschzwecken notwendige Wasser zur Verfügung stand und über genügendes und gut ausgebildetes Personal zur Bedienung der vorhandenen Löschgeräte verfügt werden konnte. Die Gemeinden konnten entweder durch Erlaß eines Ortsstatuts oder einer Polizeiverordnung die entsprechenden Maßnahmen anordnen und für die Durchführung der getroffenen Bestimmungen Sorge tragen. Das Gesetz vom 21.12.1904 regelte nur die Rechtsverhältnisse der sogenannten Pflichtfeuerwehren". Das Bedürfnis zum Erlaß spezieller gesetzlicher Bestimmungen für die Regelung des Feuerlösch- und Rettungswesen wurde mit der Zeit immer dringlicher. Es mußten auf diesem Gebiet der öffentlichen Verwaltung klare Rechtsverhältnisse geschaffen werden. Das preußische Gesetz über das Feuerlöschwesen vom November 1933 und mehr noch das Reichsfeuerlöschgesetz vom 27.11.1938 sollten diese Mängel beseitigen. Besonders das Letztere brachte klare Rechtsverhältnisse und regelte alle Gebiete des Feuerlöschwesens bis ins einzelne, jedoch war es mit Bestimmungen belastet, die eine evtl. kriegerische Aus-
Mannschaftsbild auf dem Übungshof Wache 2 Bendstraße 1938



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einandersetzung mit unserem Nachbarn zur Voraussetzung hatte. In Einzelheiten zu steigen, würde zu weit führen, nur eins sei hier herausgestellt, die Berufsfeuerwehr wurde Feuerlöschpolizei" und zu einer militärähnlichen, straffen Polizeitruppe umgestaltet. Sieben Durchführungsbestimmungen und zahlreiche Ausführungsbestimmungen enthalten alle Teile des Feuerschutzes bis ins einzelne.

Auf Grund dieses Gesetzes mußte die Ausbildung und Ausrüstung der Feuerwehr auf ihre Verwendung im Falle eines Krieges umgestellt werden. Der Einsatz bei Luftangriffen und bei Verwendung von Kampfstoffen durch den Feind gehörte in erster Linie in die Ausbildungspläne. Diese Maßnahmen machen die Fortentwicklung des friedensmäßigen Feuerlöschdienstes nicht überflüssig, denn das Feuer läßt sich nicht in Gesetze und Paragraphen einschließen.

Infolge Überalterung waren die vorhandenen Feuerlöschfahrzeuge nur noch bedingt einsatzfähig und betriebssicher. Daher mußten für die nächsten Jahre ein Ersatz derselben ins Auge gefaßt werden. Ein Beschaffungsplan, der die Ersatzbeschaffung der vorhandenen Fahrzeuge vorsah, wurde aufgestellt. 1936 wurde als erstes Ersatzfahrzeug eine Kraftfahrspritze mit einer Pumpenleistung von 2500 Ltr/Min und einer vorgebauten Luft-Schaumpumpe, von der Firma Magirus geliefert. 1938 lieferte dieselbe Firma eine ihrer Ganzstahlleiter neuester Konstruktion von 26+2 m Länge. In den nächsten Jahren folgten noch eine 2. Leiter gleicher Konstruktion, 1 L.F. 25 (neue Bezeichnung für Kraftfahrspritze), 2 L.F. 15, 1 Schlauchkraftwagen S3, 1 Rüstkraftwagen mit eingebautem Kran, 1 Lastkraftwagen, 3 Personenwagen und ein Tanklöschfahrzeug. Für den Krankentransportdienst wurden 2 Krankenwagen Fabrikat Mercedes mit Lueg-Aufbau beschafft. Damit war die Erneuerung des Fahrzeugparks abgeschlossen.

Durch die große Masse der neu beschafften Fahrzeuge mußten die Fahrzeughallen umgebaut und modernisiert werden. Nachdem 1937 die Stadt die Mittel zur Verfügung gestellt hatte, konnte die Fahrzeughalle der Wache Bendstraße entsprechend hergerichtet werden. Der Exerzierhof wurde durch Ankauf des Nachbargrundstückes auf das Doppelte erweitert. Leider mußten die weiteren Bauvorhaben, besonders die für die Feuerwache Vinzenzstraße, infolge höherer Anordnung unterbleiben.

Auch die Feuermeldeanlage erfuhr einen weiteren Ausbau. So waren 1937 über 93 öffentliche, 63 private, 162 Uhrenmelder, 276 selbsttätige Melder, 585 Uhren und 12 Zeitsignalapparate installiert. Die 21 Schleifen hatten eine Länge von rund 180 km.

Die Bevölkerung war bei gleichbleibender Größe des Stadtgebiets auf über 163 000 gestiegen.

Die Reichskristallnacht" fand auch in Aachen ihren Niederschlag, mit dem Brand der jüdischen Synagoge in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938. Damals ahnten viele der anrückenden Feuerwehrmänner nicht, daß die Brandstiftung von eigenen Kollegen durchgeführt worden war. Als mit und mit die Wahrheit ans Tageslicht kam, durfte nicht darüber gesprochen werden. Diese Nacht wird immer ein Schandfleck in der Geschichte der Aachener Berufsfeuerwehr bleiben. Beim Beginn des 2. Weltkrieges am 1.9.1939 wurde auch Aachen zum Luftschutzort I. Ordnung erklärt. Wie bei allen Behördenstellen so wurde auch die Feuerwehr in den Mobil-machungsplan für die Landesverteidigung einbezogen. Durch
Einmarsch zu einer nicht bekannten Veranstaltung im Waldstadion



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Personal, welches durch den örtlichen Luftschutzleiter notdienstverpflichtet wurde, erhielt die Feuerwehr eine Verstärkung auf 325 Köpfe. Fahrzeuge und Gerät einschließlich persönliche Ausrüstung stellte das Reich. Aufgestellt wurde eine Abteilung "Feuerlösch- und Entgiftungsdienst" im Rahmen des erteilten zivilen Luftschutzes. Die aktiven Angehörigen der Berufsfeuerwehr und die Führer der Freiwilligen Feuerwehr stellten das Führungspersonal vom Abteilungsführer bis zum Gruppenführer. Die F & E Abteilung war aufgeteilt in 3 Bereitschaften mit je 3 Zügen Feuerlösch- und 1 Zug Entgiftungsdienst. Der Entgiftungsdienst erhielt neben seiner Ausbildung in seinem Spezialgebiet auch eine solche im Feuerlöschdienst.

Im Jahre 1940 erfolgte der erste Luftangriff auf Aachen, bei welchem 1 Person getötet wurde, sonst aber nur Sachschaden angerichtet wurde. Nach einigen weiteren Angriffen im Jahr 1940 erfolgte am 10.7.1941 der erste Großangriff auf Aachen. Hierbei erwies sich die Befürchtung, daß die örtlichen Feuerlöschkräfte bei einem Großangriff nicht ausreichten, um auch nur an den dringendsten Stellen Hilfe zu leisten, als voll berechtigt. So konnten bei dem Großangriff am 17.7.1943 auch die neben den örtlichen Kräften eingesetzten 78 Bereitschaften des überörtlichen Luftschutzes die Vernichtung der Stadt in weitem Umfange nicht verhindern. Bis zur Evakuierung der Stadt Aachen am 12. September 1944 erfolgten 379 Fliegeralarme. Neben den genannten Großangriffen vom 10.7.1941 und 17.7.1943 und besonders die vom 11.4.1944 sowie 25.5. und 28.5.1944, im letzteren Fall 2 mal hintereinander, sind besonders bemerkenswert und forderten Opfer an Menschenleben. Am 28.5.1944 erlitt bei dem Luftangriff auf Aachen-Forst der Führer der Freiwilligen Feuerwehr, Bereitschaftsführer Mohr nebst 12 seiner Männer den Heldentod. Am gleichen Tage wurde der Leutnant Münzel bei der Zerstörung der Feuerwache I Vinzenzstraße durch Bombeneinschlag so schwer verletzt, daß er am 30.5.1944 im Lazarett verstarb. Major Brunner erlitt gleichzeitig schwere und mehrere Angehörige der Feuerwehr leichte Verletzungen. So kam der 12. September 1944 heran, ein für die Stadt Aachen schicksalsschwerer Tag. Nachdem schon im Laufe der letzten Tage ein Teil der Bevölkerung die Stadt infolge der ständigen Bedrohung und der sich häufenden Luftangriffe verlassen hatte, erging an diesem Tage der Befehl zur vollständigen Räumung der Stadt. In Folge dieses Befehls mußte auch die Feuerwehr die Stadt räumen. Schweren Herzens bestieg sie abends gegen 10 Uhr ihre Fahrzeuge, um zu der neuen Unterkunft in Remscheid abzufahren. 2 Bereitschaften bleiben in Remscheid, während die 3. Bereitschaft in Crombach/Siegen stationiert wurde. 6 Monate hat sie von hier aus bei den Luftangriffen im Rheinisch-Westfälischen Raum in über 50 Einsätzen Hilfe geleistet und vielen Menschen Rettung gebracht. Am 1.12.1944 wurde der Leiter der Feuerwehr Oberstleutnant Dr.-Ing. Oster, auf höheren Befehl als Führer der damaligen Feuerwehr Litzmannstadt (Lodz) abgeordnet. Hauptbrandmeister Mohr (damals Bezirks-Hauptmann der Feuerschutz Polizei) übernahm kommissarisch die Leitung bis zur Auflösung am 1. April 1945.

Am 3. März 1945 wurden 2 Bereitschaften aus Remscheid die Stadt Paderborn als neuer Unterkunftsort zugewiesen. Hier sollte sie ihr Schicksal ereilen. Nach mehreren Einsätzen in Paderborn selbst und in den Städten der Umgebung, geriet das gesamte Personal mit wenigen Ausnahmen am Ostersonntag 1.4.1945 in amerikanische Gefangenschaft, da die Stadt an diesem Tage von den Amerikanern besetzt wurde. Der Fahrzeugpark und das noch vorhandene Gerät wurde zum Teil als Beutegut betrachtet und entsprechend behandelt bzw. in alle Winde zerstreut. Das restliche Personal fiel in Winsen an der Luhe in der Nähe von Hamburg in engl. Gefangenschaft.

Die alte Aachener Feuerwehr, die 75 Jahre lang in tausenden Fällen den Bürgern Hilfe aus der Not des Feuers hatte bringen können, war untergegangen und eigentlich nicht mehr vorhanden. Und doch wird bei den älteren Einwohnern der Stadt doch immer mit Stolz von dem guten Ruf ihrer Feuerwehr in der Zeit vor und in dem 2. Weltkriege gesprochen.

Doch das Leben geht weiter und das Feuer läßt sich auch nicht durch eine Evakuierung oder eine bedingungslose Kapitulation aufhalten, seine Opfer zu verschlingen. Als daher die alte Feuerwehr auf höheren Befehl die Stadt verlassen mußte, sorgten die Zurückgebliebenen für Ersatz. Am 21.10.1944 ging die Stadt in den Besitz der Amerikaner über. Im zerstörten Aachen gab es nur noch wenige Männer. Diese sahen sich über Nacht vor eine schier unlösbare Aufgabe gestellt. Sie mußten, in einer völlig zerstörten Stadt, auf allen Gebieten neu beginnen. Neben dem von der Militärregierung ernannten Luftschutzleiter Herr H. Beckers, wurde der Betriebsingenieur Herr W. Jackels von der Militärregierung mit der Bildung eines Selbstschutzes gegen Bombenabwürfe, Brände und Gebäudeeinstürze beauftragt. Die Angehörigen der Domlöschgruppe und einige Hilfspolizisten, soweit sie in Aachen verblieben waren, stellten sich, soweit es ihre Kräfte und das zur Verfügung stehende Gerät erlaubte, für diesen Zweck zur Verfügung. Sie wurden als ständige Bereitschaft in der Hartmannstraße stationiert. In den Zeiten der Aus-



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gangsperre schützten persönlich ausgestellte Ausweise vor dem Zugriff der Militärpolizei. Nachdem allmählich die Verwaltung der Stadt seitens der Besatzung in deutsche Hände gelegt wurde, mußte auch der Feuerschutz soweit ausgebaut werden, als es die Sachlage erforderte. Als H. Beckers am 1.10.1945 aus seinem Amt schied, wurde Herr W. Jackels mit der Leitung der Feuerwehr beauftragt. Was er von dem alten Feuerschutz vorfand, war gleich Null. Kein Gerät, kein Mann der alten Feuerwehr war mehr vorhanden. Die beiden Feuerwachen zum größten Teil zerstört. Er mußte daher aus dem Nichts etwas Neues aufbauen. Eine Tragkraftspritze und einige Schläuche, die in einem Industriewerk vorgefunden wurden, auf eine Schubkarre verladen, waren das erste Einsatzgerät. Dann fand man einen kleinen Opel P4 in einem Trümmergrundstück und beförderte ihn zum Feuerwehrfahrzeug. Ende Dezember stellten die Amerikaner einen 3 t Lastwagen zur Verfügung. Diese kurze Schilderung der ersten Anfänge eines neuen Feuerlöschdienstes nach der Kapitula-tion in einer Stadt, die fast restlos (bis auf ca. 3000 Köpfe) evakuiert war, kennzeichnet die Schwierigkeiten, die zu überwinden waren.

Als Grundlage für den neuen Aufbau der Feuerwehr erließ die engl. Besatzungsmacht die Anweisung N. 3 (später N. 21). Diese wurde dann später ersetzt durch das Gesetz über den Feuerschutz im Lande Nordrhein-Westfalen vom 2.6.1948. Wenn es auch zu begrüßen ist, daß die Länder, die sich nach dem Kriege innerhalb des Reiches gebildet hatten, so schnell eine gesetzliche Regelung des Feuerschutzes einführten, so wäre es vorteilhafter, wenn wieder eine gesetzliche Regelung für die ganze Bundesrepublik und später für das Reich erlassen würde.

Das Gesetz über den Feuerschutz für das Land Nordrhein-Westfalen knüpft an das frühere Reichsfeuerlöschgesetz an. Insbesondere stellt es klar heraus, daß der Feuerschutz keine Auftragsangelegenheit, sondern jetzt eine reine Selbstverwaltungsaufgabe der Gemeinden ist. Das Land hat nur ein Aufsichtsrecht wie auch bei anderen Selbstverwaltungsaufgaben. Ausführungsanweisungen zu diesem Gesetz sind unter 15.3.1951 erlassen worden. Eine besonders hervorzuhebende Bestimmung ist in § 1 Absatz 1 angeführt, nämlich, daß der Einsatz der Feuerwehr für Aufgaben der Sicherheitspolizei ausgeschlossen ist.

Im Mai 1945 wurden die noch nutzbaren Räume der beiden Feuerwachen von der Besatzung frei gegeben und konnten, soweit noch benutzbar, bezogen werden. Beim Bezug der Feuerwache betrug die Mannschaftsstärke 14 Mann. Im Juni 1945 wurde auch der Krankentransportdienst wieder eingeführt. Zu diesem Zweck stand ein PKW, Marke Hansa, zur Verfügung. Dazu kam im Dezember 1945 ein von der Militärregierung zur Verfügung gestellter deutscher Lazarettwagen. Im Laufe des Sommers kamen Angehörige der früheren Feuerwehr aus Gefangenschaft zurück und nahmen ihren Dienst wieder auf. Daneben meldeten sich einige Luftschutzpolizisten und baten um Aufnahme in die Feuerwehr, so daß im Laufe des Monats August die Feuerwache Vinzenzstraße besetzt werden konnte. Nach und nach konnte das Personal auf 75 Mann verstärkt werden. 2 L.F. 25 und 1 Kraftfahrdrehleiter wurden der Feuerwehr durch den englischen Fachoffizier zugewiesen. Die Aufbau- und Instandsetzungsarbeiten an beiden Feuerwachen wurden zu 90 % von den Feuerwehrleuten in Eigenregie geplant und durchgeführt.
Die Berufsfeuerwehr Aachen vor dem Gebäude der TH Aachen am Templergraben. In der hinteren Reihe die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Aachen Forst.



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