125 Jahre Berufsfeuerwehr Aachen IV105114


Die Aachener Feuerwehr im "Dritten Reich"

In den Jahren nach dem 1. Weltkrieg ging die Aachener Feuerwehr durch Höhen und Tiefen. So konnte endlich die volle Motorisierung aller 3 Feuerwachen erreicht werden. Der Angriff der Separatisten wurde erfolgreich abgewendet. Man überstand die Zeit der Inflation. Das Personal wurde verstärkt. Feuerwehrmänner wurden fest angestellt. Alles deutete daraufhin, als solle sich alles zum Guten wenden. Jedoch Ende der zwanziger Jahre gab es infolge der großen Weltwirtschaftskrise einen herben Rückschlag. Wie in der übrigen Welt so herrschte auch in Deutschland große Armut, viele Menschen waren arbeitslos. Die Stadtverwaltung Aachen steckte in so großen finanziellen Schwierigkeiten, daß im Jahre 1931, besonders beim Personalbestand große Abstriche gemacht werden mußten. Die Sollstärke der Löschzüge wurde herabgesetzt und die Feuerwache Oligsbendengasse aufgelöst. Der Feuerschutz der Stadt mußte nun in der Hauptsache von den beiden Wachen Vinzenzstraße und Bendstraße mit je einem Löschzug, getragen werden, wozu noch 1 Zug der Freiwilligen Feuerwehr Forst kam.

Für die Jahre 1933 bis 1944 sind wenig brauchbare Unterlagen vorhanden. Vieles wurde bei den zahlreichen Bombenangriffen auf die Stadt Aachen vernichtet, vieles unterlag der damaligen strengen Geheimhaltung und das Wenige was nach dem fürchterlichen Krieg noch vorhanden war, vernichteten diejenigen, welche nun natürlich nicht mehr an diese Zeit erinnert werden wollten. Aus dem Wenigen was noch aufzutreiben war, entstand dieser Bericht, welcher versucht, die Problematik der damaligen Zeit zu schildern, jedoch ohne Wert auf Vollständigkeit zu erheben.

Die Machtübernahme der Nationalsozialisten, im Jahre 1933, brachte für alle Feuerwehren, so auch für die Berufsfeuerwehr Aachen einschneidende Änderungen. So unglaublich es uns heute erscheint, wurden auf Grund des im Jahre 1934 erschienenen Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums, fachlich qualifizierte Feuerwehrmänner am 1.4.1934 fristlos entlassen, da sie den neuen Machthabern politisch unzuverlässig erschienen. So mußte beispielsweise der Feuerwehrmann G.M. die Feuerwehr verlassen, während sein Bruder E.M. weiterhin bei der Berufsfeuerwehr als Beamter bleiben durfte. Heute muß vermutet werden, daß die entlassenen Kollegen auch anderweitig keine Arbeit mehr fanden. So erhebt die Ehefrau des pensionierten Feuerwehrmannes H. in einer Vernehmung, in welcher es um die angebliche Verweigerung von Unterhaltsgeldern seitens ihres Ehemannes geht, die Anschuldigung, daß ihr Ehemann Umgang mit verschiedenen, aus politischen Gründen aus dem Dienst der Feuerwehr entlassenen früheren Berufskollegen habe. Er beteilige sich an geheimen Treffen in einem Lokal im Ortsteil Vaalser-Quartier, bei denen Bargeld den Besitzer wechseln würde, - Geld welches ihrer Familie fehlen würde. Eine politische Überprüfung und die Tatsache, daß die Ehefrau des H. bereits in der Vergangenheit als streitsüchtige und unglaubhafte Frau bekannt war, bewahrte H. vor einem ungewissen Schicksal. Ob er sich wirklich mit ehemaligen Kollegen getroffen hat, wird nicht berichtet. Der Feuerwehrmann M. erschien plötzlich von Heute auf Morgen nicht mehr zum Dienst und war auch nicht mehr auffindbar. Die zu dieser Zeit geführte Stammrolle enthält einen lapidaren Eintrag über den Vorfall, der wie folgt lautet: M. hat am 20.7.33 seinen Dienst verlassen und ist nicht mehr zurückgekehrt." Man kann heute nur Vermutungen anstellen, was aus ihm geworden ist.

Auch die allgemeine Organisation der Feuerwehren änderte sich in vielen Punkten. Das preußische Gesetz über das Feuerlöschwesen" vom 15. Dezember 1933 unterstellte die Berufsfeuerwehren, freiwillige Feuerwehren und Pflichtfeuerwehren dem Ortspolizeiverwalter und den Polizeiaufsichtsbehörden. Seitdem kam der Begriff Feuerlöschpolizei" auf, ohne daß er im Gesetz selbst erwähnt gewesen wäre. Auch Feuerwehrfahrzeuge erhielten die Aufschrift Feuerlöschpoli-



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zei", doch dies erfolgte nicht einheitlich. Ob die Fahrzeuge in Aachen bereits zu dieser Zeit umbeschriftet wurden, oder erst in den späteren Jahren, ist nicht überliefert. Es gibt jedoch Fotos von Löschfahrzeugen, welche die neue Aufschrift tragen. Dieses Gesetz hatte nur in Preußen Gültigkeit. In Anlehnung an das Gesetz wurde die amtliche Brandschau eingeführt, wie sie in den süddeutschen Ländern schon längst bestand und sich bewährt hatte.

Der damalige Oberbürgermeister von Aachen, Quirin Jansen, veröffentlichte im Verwaltungsblatt der Stadt Aachen vom 1. Juli 1935, Nr. 1:

Bezeichnung der städtischen Feuerwehr im amtlichen Schriftverkehr (28.5.1935 - A 10 -)

Entsprechend den ministeriellen Bestimmungen zum Gesetz über das Feuerlöschwesen vom 15.12.1933 ordne ich hiermit an:

Die städtische Berufsfeuerwehr hat im amtlichen Schriftverkehr nach außen die Bezeichnung: Der Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörde (Feuerlöschpolizei), Geschäftszeichen 64" und im Innenverkehr die Bezeichnung: Der Oberbürgermeister, A 64" zu führen.

Im Monat Mai 1935 erklärte der Oberbürgermeister der Stadt Aachen in einer schriftlichen Verfügung, daß am 24.4.1935 alle Beamten pp. der Feuerwehr als Hilfspolizeibeamte laut Bestallungsurkunde bestellt wurden. Es folgen die Namen der Aachener Berufs-Feuerwehrleute (SB), die nun zum Hilfspolizisten ernannt waren.

Die Freiwillige Feuerwehr Aachen-Stadt, Löschzug I Aachen-Forst wird auf Grund des § 3 des Gesetzes über das Feuerlöschwesen vom 15. Dezember 1933 anerkannt, gleichzeitig erhalten auch die Mitglieder des Löschzuges ihre Bestallung als Hilfspolizisten. Diese Bestallungen hatten nachstehenden Wortlaut:

"Dem Wilhelm Mohr geboren am 22.9.1889 zu Aachen Forst wohnhaft in Aachen-Forst Trierer Straße 112 wird hiermit auf Grund des § 13 des Polizei-Verwaltungs-Gesetzes vom 1. Juni 1931 unter Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs für seine Tätigkeit als Oberbrandmeister der freiwilligen Feuerwehr Aachen-Stadt, Löschzug I Aachen-Forst für den Fall, daß der Genannte in ein selbständiges Befehlsverhältnis zum Publikum treten sollte, die Eigenschaft eines Hilfspolizisten verliehen und zur Vornahme polizeilicher Handlungen ermächtigt."

Am 23. November 1938 folgte dann ein für das gesamte Reich gültiges Gesetz über das Feuerlöschwesen", das die Zuständigkeit des Reichsministers des Inneren für alle Brandschutzangelegenheiten festlegte. Die Feuerwehren wurden als Feuerschutzpolizei" in die Ordnungspolizei eingegliedert. Selbst ihre Kraftfahrzeuge waren bald nicht mehr feuerrot, sondern polizeigrün (olivgrünglänzend) lackiert und die Kennzeichen erhielten »Pol«-Zulassungsnummern. Außer dem Rüstkraftwagen, wurden auch sämtliche Alarmfahrzeuge der Berufsfeuerwehr Aachen mit der neuen Farbe versehen.

Die wesentlichen Merkmale des Reichsgesetzes über das Feuerlöschwesen von 1938 waren für die Berufsfeuerwehren diese:

Sie verblieben wohl bei den Städten, wurden aber unter der Bezeichnung Feuerschutzpolizei" als technische Polizeitruppe neben Schutzpolizei und Gendarmerie der Ordnungspolizei eingegliedert und dieser auch äußerlich in Uniform, Dienstgrade, Besoldung usw. angegliedert. Auch die Bestimmung, welche Städte eine Feuerschutzpolizei zu unterhalten hatten, lag jetzt beim Staat. In diesem Stadium waren die Stadtverwaltungen bereits aller Rechte entkleidet. Von den Pflichten war ihnen nur die verblieben, auch weiterhin die Hauptkosten für die örtliche Brandschutzorganisation zu tragen.

Obwohl es noch keiner wahrhaben wollte, zeigten sich erste Anzeichen des bevorstehenden Krieges. Nach außen hin wurde unverändert weitergeplant. So verfaßte der damalige Branddirektor der Berufsfeuerwehr Aachen, Oberstleutnant Dr. Oster, im Monat September 1937 eine Eingabe an das städt. Dezernat 6, in welcher er auf die zu geringe Personalstärke seit 1930 hinweist und eine sofortige Verstärkung von 2 Oberbrandmeister, 1 Brandmeister und 11 Feuerwehrmänner fordert. Ebenfalls werden Pläne zum Umbau und Erweiterung der bestehenden Feuerwachen mit Hochdruck betrieben. Neue Feuerwehrfahrzeuge werden in die Haushaltspläne der kommenden Jahre aufgenommen.

Wer aber die Entwicklung genau betrachtete, merkte schnell, daß es auch andere Pläne gab, die auf eine bevorstehende kriegerische Auseinandersetzung hinwiesen. Luftschutzpläne tauchten auf und gewannen immer mehr an Bedeutung. Es wurde ein Sicherheits- und Hilfsdienst (SHD), später Luftschutzpolizei genannt, gebildet. Die Berufsfeuerwehren bildeten den Kern des Feuerlösch- und Entgiftungsdienstes im SHD. Die Friedenskräfte der Berufsfeuerwehren wurden in der Luftschutzpolizei auf ein Mehrfaches verstärkt. Die taktischen Einheiten waren Gruppe, Zug und Bereitschaft. Städte und Gemeinden wurden in Luftschutzorten mit verschiedenen Klassen eingeteilt. Großstädte, so auch Aachen, erhielten die Bezeichnung Luftschutzort erster Klasse. Der Aachener SHD



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(ca. 260 Mann) wurde in der Feuerwache 2 Bendstraße untergebracht und dort von den Offizieren der Berufsfeuerwehr ausgebildet. Teilweise wurden für diesen Zweck bereits pensionierte Feuerwehrleute (über 60 Jahre) erneut verpflichtet.

Um die freiwilligen Feuerwehren für den Schutz der Städte wirksamer nutzbar zu machen, war nichts weiteres erforderlich, als ihnen eine dieser Aufgaben entsprechende Form zu geben. Innerhalb einer um die Luftschutzorte festgelegten 15-km-Zone wurden die vollmotorisierten Löschgruppen und Löschzüge der Kleinstädte und Dörfer zu Feuerwehr-Bereitschaften" zusammengestellt. Um die Schlagfertigkeit dieser Formationen sicherzustellen, mußte ihr Personal nachts geschlossen in erhöhter Alarmbereitschaft gehalten werden. Im Falle eines Angriffes auf ihre" Stadt rückten sie auf Anordnung des Landrates an einen Sammelpunkt und von dort unter fester Führung zur Lotsenstelle, von wo auf Weisung der ört-lichen Brandschutzleitung geschlossener Einsatz erfolgte.

Im September 1939 begann mit dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Polen der 2. Weltkrieg. Einen kleinen Eindruck des noch Bevorstehendem erlebten die Einwohner der Stadt Aachen im Mai 1940. Noch bevor am 1. September 1940 der erste Vergeltungsangriff" auf London geflogen wurde, sind in Aachen schon Bomben gefallen. Am 12. Mai 1940 warf ein hochfliegendes britisches Flugzeug 9 Sprengbomben ab, die ein Wohnhaus am Hasselholzer Weg zerstörten; ein Aachener (Kind) kam dabei ums Leben.

Dies war der Beginn eines Infernos, mit dem die Aachener Berufsfeuerwehr in den folgenden Jahren fertig werden mußte. Bereits im Jahre 1940 fielen auf Aachen bei sechs Angriffen 38 Spreng- und 30 Brandbomben.

Im Jahre 1941 fielen auf Aachen bei neun Angriffen

301 Spreng- sowie 3861 Brandbomben.

Welchen Schutz die Bevölkerung in der Kriegszeit, vor allen Dingen nach Bombenangriffen, von der Feuerwehr zu erwarten hatte, zeigt ein Bericht, welcher vom Amt für Freiwillige Feuerwehren (Fw. VI Nr. 8926/41) verfaßt und der Tagespresse zur Veröffentlichung übergeben wurde.

Wann greifen Feuerschutzpolizei bzw. Feuerwehren bei Brandschäden durch Luftangriffe ein?

Im Rahmen der Kräfte, die bei einem Luftangriff zur Bekämpfung entstandener Schäden eingesetzt werden und die unter dem Begriff SHD (Sicherheits- und Hilfsdienst) zusammengefaßt sind, bilden für die Brandbekämpfung und in den Großstädten die Feuerschutzpolizei, in Mittel- und Kleinstädten sowie auf dem Lande die Freiwilligen Feuerwehren einen wichtigen Bestandteil.

Die Bevölkerung ist es friedensmäßig gewöhnt, in den größeren Städten die Feuerlöschkräfte durch die üblichen Feuermelder herbeizurufen. Wer aber diesen Weg während eines Luftangriffes wählen wollte, würde nicht zum Ziele kommen. Sondern in allen derartigen Fällen ist es notwendig, während und nach einem Fliegeralarm die Schadens- oder Feuermeldung fernmündlich oder durch Melder unter knapper Angaben von Art und Umfang des Schadens dem zuständigen Polizeirevier mitzuteilen, damit sich die örtliche Luftschutzleitung ein möglichst zutreffendes Bild von der Dringlichkeit der Hilfeleistung und der Stärke der hierfür benötigten Einsatzkräfte machen kann. Eine solche Hilfeanforderung ist nur abzugeben, wenn die Luftschutzgemeinschaft nicht mehr selbst des Brandes Herr werden kann.

Weder eine Übertreibung noch eine allgemein gehaltene Anforderung, wie etwa: Bei uns brennt es, schicken Sie sofort Hilfe!", werden die örtliche Luftschutzleitung veranlassen können, dem Hilferuf sofort Folge zu leisten. Denn der örtliche Luftschutzleiter darf nicht wertvolle Kräfte, die vornehmlich für die Bekämpfung von Großschäden und solchen Schäden bestimmt sind, deren Ausdehnung lebens- und kriegswichtige Interessen gefährdet, schon dann einsetzen, wenn Schäden geringerer Art gemeldet werden, deren Bekämpfung während des Krieges Aufgabe des Selbstschutzes, des erweiterten Selbstschutzes oder Werkluftschutzes ist. Bevor der örtliche Luftschutzleiter seine Einsatzbefehle geben kann, muß er einen Überblick über die Gesamtlage in seinem Befehlsbereich gewonnen haben. Insbesondere muß geklärt sein, ob und welche sonstigen Schäden vor allem an kriegs- oder wirtschaftlich wichtigen Betrieben gleichzeitig noch hervorgerufen sind. Erst dann werden die verfügbaren Kräfte ganz nach Dringlichkeit zum Einsatz kommen können.

Aus diesem Grunde fällt dem Selbstschutz der Bevölkerung im Kriege eine wichtige Rolle zu. Er hat die Aufgabe, den Schutz von Wohn- und Geschäftshäusern und kleineren Betrieben zu übernehmen. Die Selbstschutzkräfte müssen auf Grund der erhaltenen Ausbildung und Anweisung, nötigenfalls unter Heranziehung der nachbarlichen Hilfe und anderer geeigneter Personen, das menschenmögliche zur Bekämpfung des Schadens und zur Verminderung seiner Ausbreitung tun. Erst wenn das Bemühen der Selbstschutzkräfte erfolglos bleibt und noch



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Einheiten der Feuerschutzpolizei bzw. Freiwilligen Feuerwehren innerhalb des SHD (Sicherheits- und Hilfsdienst) zur Verfügung stehen, können auch diese bei Wohnungsbränden eingesetzt werden.

Es kann daher durchaus der Fall eintreten, daß dieser Einsatz nicht in der im Frieden gewöhnten kurzen Zeit erfolgt. Das ist aber dann kein Grund für Vorwürfe gegen die erwartete Einheit der Feuerschutzpolizei oder Freiwilligen Feuerwehr. Vielmehr muß den wohlerwogenen Überlegungen des örtlichen Luftschutzleiters Vertrauen entgegengebracht werden. Denn diese Erwägungen allein bieten die Gewähr, daß die Feuerlöschkräfte dort zuerst und in ausreichender Stärke zum Einsatz kommen, wo dies nach Umfang und der Bedrohlichkeit des Schadens oder Lebens- bzw. Kriegswichtigkeit des Objekts am dringendsten nötig ist.

Wenn aber die Lage bereits zu übersehen ist, werden natürlich auch für die kleinsten Schadensfälle Hilfskräfte abgestellt. In der bis dahin vergehenden Zwischenzeit muß der Selbstschutz bemüht sein, zumindest die Ausbreitung des Schadenfeuers zu verhindern.

Die Auswirkung dieser Anweisung führte in Aachen bereits 1941 zu ersten Reaktionen. Anlaß war der 100. Fliegeralarm am 10.7.1941, von 1.30 Uhr-2.39 Uhr, verbunden mit einem Großangriff auf die Stadtmitte durch 30 Flugzeuge, welche 176 Spreng-und 3000 Brandbomben abwarfen. Zu beklagen waren 60 Tote, 85 Verletzte. Der Angriff richtete sich hauptsächlich gegen Wohnviertel in der dichtbebauten Innenstadt.

Es entstand hoher Sachschaden an: Dom, Marienkirche, Christuskirche, Verwaltungsgebäude, Stadtarchiv, Realgymnasium, Kaiser Wilhelm Gymnasium, Karin-Göring-Stift (Josefinum) und Alexianerkloster.

So gibt es u.a. einen scharfen Protest des damaligen Dombaumeisters Professor Buchkremer über eine mangelnde Hilfeleistung der Feuerwehr bei der Brandbekämpfung im Dom. Diesen Protest gibt der Oberbürgermeister Quirin Jansen in einem Schreiben vom 23.7.1941 an den Aachener Polizeipräsidenten weiter; dagegen legt die Feuerschutzpolizei in einer langen Darlegung vom 30.7.1941 an den Polizeipräsidenten wiederum Verwahrung ein. Aus diesem Verhalten und auch noch aus anderen Gründen entsteht dann die besondere Einrichtung der Domfeuerwache unter Leitung des Sohnes des Dombaumeisters, Dr. Ing. Stephan Buchkremer.

Das Schreiben eines Herrn Coppmann prangert weitere Mißstände an. Er schreibt mit Datum vom 12. Juli 1941:

In der Nacht vom 9. zum 10. Juli 41 erfolgte ein feindlicher Luftangriff auf die nur mit 2 kleinen Flakgeschützen geschützte Stadt Aachen. Nach amtlicher Feststellung sind in 59 Straßenzügen Zerstörungen erheblichen Ausmaßes. Die Zahl der Toten wird mit 200 vermutet. Es entstanden ca. 50 Großbrände, d.h. 2-5 Häuser brannten gleichzeitig. Wie im Falle der Stadt Münster, wo bei morgendlichem Abrücken der Flak in derselben Nacht ein Angriff erfolgte, so waren die Aachener Feuerwehren nach Köln abgerückt. Vor einem Jahr in Aachen parkende Munitionskolonnen wurden in derselben Nacht mit Bomben beworfen (Feindliche Agententätigkeit?).

Die örtlichen Sicherheitsmaßnahmen haben völlig versagt. 2 Stunden nach dem Alarm arbeiteten 2 Motorspritzen. Die Löschmannschaften eines Zuges bekämpften den Brand am Hauptzollamt, in dem sich keinerlei Menschen befanden. Diese zu einem 100 Meter entfernten brennenden Großwohnhaus, Konditorei Esser, gerufen, verweigerten ihr Eingreifen mit dem Erfolg, daß im Hause Esser heute 11 Tote zu beklagen sind. Die Bevölkerung Aachens war vor feindlichen Angriffen völlig in
Das brennende Aachen nach dem Angriff in der Nacht vom 9. zum 10. Juli 1941 aufgenommen vom Haus "Dreizehnlinden".
Foto: Kurt Wiendieck, Aachen



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Sicherheit gewiegt. Luftschutzmaßnahmen wurden nicht beachtet und von oben herunter nur lässig durchgedrückt. Anzeigen gegen Verdunkelungssünder blieben in allen Fällen erfolglos (z.B. die Anordnungen des blauen Lichtes war nirgends durchgeführt). Während dem Alarm hellfahrende und parkende Autos, schlechte Abdunkelung in allen Straßen, ein Gewimmel von hellen Taschenlampen waren hundertfache Erscheinungen. Gegen die im Umlauf befindlichen Märchen, Aachen würde aus X-Gründen nie angegriffen, schritten die Behörden nicht ein. So ist es auch möglich gewesen, daß 4 Stunden nach dem Alarm Brandherd zu Brandherd sprang, da um diese Zeit nur 4 Löschzüge an der Arbeit waren. Die Zivilbevölkerung war infolge fehlenden Wasserdrucks machtlos. Öffentliche straßenzugsweise Brandwachen hat es in Aachen nie gegeben.

Schutzpolizei war nachts unsichtbar. Der Angriff erfolgte um 1 Uhr, die ersten Hilfsmannschaften, Arbeitsdienst und Wehrmacht griffen erst um 6 Uhr ein. Eine Leitung und Organisa-tion leitete erst die Düsseldorfer Feuerwehr gegen 10 Uhr morgens ein. Hernach trafen die Aachener Berufsfeuerwehren von Köln ein. Wehrmacht wurde vom stundenweiten Elsenborn geholt, obschon in Aachen selbst noch mehrere Kompanien einsatzbereit waren. Das von Unterführern gestellte Kommando der Villa Marwedel, Ronheide durfte auf Befehl des Kommandanten nicht abrücken.

Die betroffene Bevölkerung saß abends um 8 Uhr noch auf ihrem wenigen geretteten Hausrat ohne Unterkunft auf der Straße. Der Lastwagenfuhrpark der Stadt Aachen blieb unsichtbar. Mit allen unmöglichen Fahrzeugen brachte die Bevölkerung selbst ihre letzte Habe von der Straße. 7 Uhr morgens stand der SHD in Aachen-Burtscheid in strammer Haltung untätig vor dem dortigen Krankenhaus und sahen einem Umzug glassplitterverletzten Kranker untätig zu.

Das Café Corso, ein großes Doppelhaus, brannte von einer einzigen Brandbombe aus. In der nebenan liegenden Metzgerei Meisenberg war der SHD mit dem Erfolg tätig, daß eine Kassette mit RM 500,- abhanden kam. In dem nur brandgefährdeten Hause Schweitzer, Kapuzinergraben drang der SHD ein, mit dem Erfolg, eine mit Beil erbrochene Kassette, fehlender Betrag 1.500 RM, aufgeschlagene geleerte Cognak- und Weinflaschen, fehlende Füllhalter und sonstige Gegenstände.

Die angelegten Wasserreservoire auf dem Markt und in der Wirichsbongardstraße sind heute noch undicht. Von dem Leiter der Baufirma darauf aufmerksam gemacht, äußerte die regierungsvertretende Stelle, dies sei äußerst unwichtig.

Dieses alles und viele tausend kleine Einzelheiten sind der ganzen Bevölkerung bekannt, es herrscht eine einheitliche ungemütliche Stimmung über das völlige Versagen der Sicherheitsorgane der Stadt Aachen. Auch die Geschädigten äußern öffentlich ihren Unmut über die überaus kleinliche Behandlung durch das Wirtschaftsamt und Bezugsscheinamt. Die Volksmeinung geht dahin, wir können nackt laufen, dann hat der Engländer morgen in den Geschäften etwas zu verbrennen.

Mit diesem Bericht will ich nur die Stimmung und die Meinung der Bevölkerung wiedergeben und nicht irgendeine Amtsstelle oder Behörde kritisieren.

Im Interesse des Volksganzen und unseres Sieges halte ich mich zu diesem Bericht verpflichtet.

Heil Hitler
gez. H. Coppmann

Angeblich konnte der Schreiber dieses Briefes, von den damaligen Machthabern, nicht ermittelt werden, der Inhalt wird in verschiedenen schriftlichen Stellungnahmen als eine unwahre Provokation eines anonymen Volksschädlings beurteilt. Jedoch stößt man bei den Recherchen auf verschiedene Schriftstücke der NSDAP, die belegen, daß der Wassergroßbehälter in der Wirichsbongardstraße tatsächlich undicht war. In diesem Punkte hat der anonyme Herr Coppmann die Wahrheit gesagt. Die anderen genauen Angaben, die in dem Brief gemacht werden, lassen den Schluß zu, daß auch die anderen Punkte der Wahrheit entsprechen.

Die Kritiken richteten sich nicht gegen die Aachener Feuerwehrmänner sondern gegen die damaligen Bestimmungen der braunen Machthaber. Die Feuerwehrleute der alten Schule waren mit diesen neuen Regelungen überhaupt nicht einverstanden, mußten sich jedoch dem neuen Regime beugen. Trotz allem versuchten sie, den Bürgern der Stadt Aachen die größtmöglichste Hilfe zukommen zu lassen. Eher hält man einen Terrier fest, welcher ein Katze gesehen hat als einen Feuerwehrmann, dem ein Feuer gemeldet wird. So verließ der Brandmeister B., der Aachener Feuerwehr, mit seinem Fahrzeug und seiner Gruppe den Einsatzort Düsseldorf, als ihm zu Ohren gekommen war, der Aachener Dom brenne. Dies tat er, obwohl ihm bekannt war, welche Konsequenzen sein Handeln hatte.

Das Jahr 1942 brachte etwas Ruhe für die Stadt Aachen. Bei vier Angriffen fielen 24 Spreng- und 994 Brandbomben.

Der Höhepunkt des Bombenkrieges bahnte sich 1943 an: Bei über 18 Luftangriffen fielen 634 Spreng- sowie 132.305



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Brandbomben. Es mußten viele Tote und Verletzte beklagt werden. Die Verlogenheit des damaligen Systems zeigt sich im Text der Todesanzeigen in der Tagespresse. Der Wortlaut war vorgeschrieben und mußte etwa wie folgt lauten: Ein hartes Schicksal entriß uns durch tragischen Unglücksfall am 20. Januar abends unseren einzigen Jungen." Kein Wort davon, daß der Tote einem Bombenangriff zum Opfer gefallen war. Erst später, im Jahre 1944, werden die Trauertexte dann propagandistisch formuliert und man spricht von unschuldigen Opfern eines verbrecherischen Terrorangriffes.

Ein Luftangriff im Jahre 1943 sei besonders erwähnt:

Der Großangriff auf die Stadtmitte am 14. Juli 1943, von 1.45 Uhr - 2.42 Uhr durch 200 Flugzeuge, welche 26 Minen, 489 Spreng-, 110 000 Brandbomben, rd. 21 000 Phosphorbrandbomben auf die Stadt warfen. Zu beklagen waren 294 Tote, 745 Verletzte, 3600 Personen erlitten Augenschäden, (368 Verschüttete, davon 147 tot).

Die Toten wurden am 21. Juli 1943 auf dem Waldfriedhof feierlich bestattet.

Zerstört, beschädigt u.a.: St. Adalbert, St.Michael-A, St. Nikolaus, St. Paul, St. Peter, Gymnasialkirche, Anna-Kirche, Rathaus, Elisenbrunnen, Couvenmuseum, Stadttheater, Industrie- und Handelskammer, Konzerthaus, Marschiertor.

Die Anordnung, wonach die Luftschutzeinheiten nur auf höheren Befehl tätig werden durften, belegt ein Erlebnisbericht, den Kaplan Wipperfürth bei diesem Angriff machte. Er schreibt:

Warum die Adalbertkirche brennen mußte.

»Fast 40 Minuten nach dem Angriff stand die Kirche noch unversehrt da. Die gesammelten Häuser der Adalbertstraße, also auch die Häuser westlich der Kirche, standen fast zur selben Zeit in Flammen. Die Brände warfen etwa sechs Meter lange Feuerzungen über die Straße in Richtung Kirche. Der starke Feuerorkan wirbelte brennende Teile, Papier, Strohdocken, Holz und andere Teile durch die Luft, die sich überall festsetzten und in alle Fenster oder sonstigen Öffnungen flogen. Außerdem stand die Kirche höher als die Brandherde der Straßen. Vor allem stand der Turm in einer gewaltigen Hitzewelle. Dann, das ist vor allem wichtig, nahm das Feuer, das die Kirche vernichten sollte, seinen Ausgang von der verschlossenen Notenkammer südlich der Orgelbühne. In dieser Kammer lagerte das gesamte Notenmaterial des Kirchenchores, also leicht entzündliches Material. Ist dieses Material durch Entzündung von außen oder durch Phosphorteilchen in Brand geraten? Sicher läßt sich die Ursache selbstverständlich nicht feststellen. Bei den Aufräumungsarbeiten in der Kirche sind die Reste von acht Brandkanistern (Phosphorbomben) gefunden worden. Eine Phosphorbombe ist auch mitten durch die Notenkammer geschlagen.«

Wipperfürth macht noch eine andere, sehr trübe, leider auch bezeichnende Erfahrung:

»Von einer Hilfe durch die Feuerwehr, SHD oder Soldaten war auch nichts zu erwarten. Während des Brandes gingen Pater Wittrock und Kaplan Ingenkamp auf den Kaiserplatz zu den dort haltenden Feuerlöschautos. Die Feuerlöschmänner erklärten, sie hätten keinen Einsatzbefehl und würden deshalb nicht helfen.«

Die damalige gleichgeschaltete Presse reagierte wie folgt:

Schwerer Terrorangriff gegen die Stadt Aachen."
Wieder auf Wohnviertel!"

In der Nacht zum Mittwoch richtete sich ein neuer jüdischer Terrorangriff der britischen Mordbrenner gegen Aachen, auf unsere alte Kaiserstadt, die zweitgrößte Stadt in unserem Heimatgau Köln - Aachen. Die nichtmilitärischen nächtlichen Überfälle haben die skrupellose, planmäßige und totale Ausbombardierung unserer Zivilbevölkerung zum Ziel, die man durch Mord und Brand zu zermürben und kapitulationsreif" zu machen hofft, ein ebenso perfider und heimtückischer wie britischer Plan, der unsere schönen Städte und ihren unschuldigen Bewohnern wohl schwerste Wunden schlägt und härteste Opfer von ihnen fordert, das eigentliche Ziel aber niemals erreichen wird.

Ein Rundgang führte uns am Mittwochmorgen noch vor Sonnenaufgang durch die am schwersten heimgesuchten Aachener Wohnviertel, durch deren Straßenzeilen die Feuersbrünste rasten; es war streckenweise kaum möglich, durch den giftigen Rauch, den beizenden Qualm, die sengende Hitze und die Miriaden von Funken sich hindurchzukämpfen, und wir empfanden jene schmerzlichen Eindrücke, die der Bericht des Oberkommandos der Wehrmacht in die Worte faßt: In den Wohnvierteln der Innen- und Altstadt entstanden große Zerstörungen. Viele öffentliche Gebäude und Kulturdenkmäler wurden zerstört." Der Wehrmachtsbericht fügt hinzu, daß die Bevölkerung Aachens schwere Verluste hatte. Wir neigen uns in Ehrfurcht vor den Toten, die diesem ruchlosen Terrorangriff zum Opfer fielen und unser Mitgefühl gilt den Menschen, die ihre Wohnungen und ihre Habe verloren.



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Wenn es ein tröstliches Moment in diesem Bild gab, so war es die Haltung der Bevölkerung, die sich, ähnlich wie es in allen früheren terrorisierten westdeutschen Städten zu beobachten war, mit tapferem Mut und entschlossener Verbissenheit ans Rettungswerk begab, schon als die ersten Bomben gefallen waren und Tod und Verderben über die Aachener Innenstadt warfen. Männer und Frauen, aber auch Knaben und Mädchen nahmen mit den Selbstschutzorganisationen das Rettungswerk energisch auf und führten es mit dem Fanatismus des Selbstbehauptungswillen durch. Dabei machte es ihnen nichts aus, daß man in dieser Atmosphäre fast zu ersticken drohte. Selbst den Strahlen der später hochstehenden Sonne war in manchen Stadtgebieten der Weg zu den Brandruinen und Haustrümmern verwehrt, so dicht lagen die heißen Wolken der Rauchschwaden in den von den Mordbrennern verwüsteten Bezirken.

Auch HBM Kaldenbach kann bestätigen, daß die Feuerwehr ohne Befehl nicht eingreifen durfte. Ich wohnte als Kind an einer Aachener Einfallstraße (Stolberger Straße gegenüber dem Reichsweg). Bei einem Angriff geriet das mehrgeschossige Eck-Wohnhaus Stolberger Straße/Rottstraße in Brand. Das Feuer begann im Dachstuhl des Hauses. Obwohl eine große Anzahl von Feuerwehrfahrzeugen, unter Benutzung von Rasselwecker und Martinshorn, aus Richtung Eilendorf/Stolberg an dem brennenden Haus vorbei zur Stadtmitte fuhren und die Besatzungen von den Bewohnern des brennenden Hauses flehentlich gebeten wurden, das Feuer zu löschen, war kein Einsatzleiter dazu bereit. Alle beriefen sich darauf, keinen Einsatzbefehl dazu zu haben. Das Haus brannte von oben nach unten ab und nach einigen Tagen erlosch das Feuer im Keller mangels Masse".

Aus der Katastrophe dieses Julitages zog die Luftschutzpolizei einen Schluß. Sie forderte alle in Aachen eingesetzten Luftschutzgruppen auf, abends das Stadtgebiet zu verlassen, um im Stadtwald getarnt - den zu erwartenden folgenden Luftangriffen auszuweichen. Durch diese Maßnahme sollten weitere schwere Verluste der Einsatztruppe vermieden werden.

Während der ersten neun Monate des Jahres 1944 (bis zur Evakuierung) erlebte Aachen: 36 Angriffe. Es fielen 8975 Spreng- und 48 865 Brandbomben. In diesem Bericht sollen die beiden schwersten Luftangriffe nicht unerwähnt bleiben.

Am 11.4.1944 erfolgte ein Großangriff mit dem Schwerpunkt Burtscheid und Südviertel. 350 Flugzeuge griffen an und legten mit 19 Minen, 4 047 Spreng-, 34 200 Brand- und 8 685 Phosphorbrandbomben mehrere Bombenteppiche. Diesem Angriff fielen 1 525 Tote und 969 Verletzte zum Opfer. Allein in den Städt. Krankenanstalten starben 91 Personen und es gab 31 Verletzte.

Zerstört oder beschädigt: St. Johann, St. Foillan, St. Michael-B, Herz Jesu Kirche, Theresien-Kirche, St. Leonhard, Romanisches Haus, Polizeipräsidium, Textilingenieurschule und 6 Krankenhäuser.

Am 23.4.1944 erfolgte die feierliche Bestattung der Toten auf dem Heldenfriedhof am Bismarckturm.

Eine Augenzeugin berichtet:

Zwar trug Burtscheid die Hauptlast des Bombardements, aber die Innenstadt kam keineswegs glimpflich davon. Wir standen Todesängste aus, als wir die Bomben fallen hörten. Eine Luftmine zerstörte das Haus Adalberstraße 128 Ecke Beeckstraße und tötete sämtliche im Luftschutzkeller dieses Hauses anwesenden Personen. Tagelang wurde gegraben, ehe man die zum Teil nur noch aus Stücken bestehenden Leichen bergen konnte. Die Leichen wurden in die zertrümmerte St. Adalbertskirche gebracht und nebeneinander auf den noch stehenden Turm gelegt, bis sie eingesargt und zum Friedhof gebracht werden konnten. Durch den Luftdruck waren auch die Häuser des Adalbertstifts leicht beschädigt worden, vor allem wurden fast alle Fensterscheiben zertrümmert. Nach diesem Angriff zog eine Reihe der Bewohner des Adalbert-stifts es vor, bei Fliegeralarm nicht mehr den Luftschutzkeller des Hauses Adalbertstift 10, sondern den Luftschutzstollen an der Christuskirche oder den öffentlichen Luftschutzkeller in der Martin-Luther-Straße aufzusuchen. Nur HH. Probst Dürrbaum blieb mit seiner Haushälterin und Schwester Thaddäa in seinem Haus Adalbertstift 7".

Das Luftschutz-Kriegstagebuch berichtet u.a.:

Quellengebiet Burtscheid, die Eisenbahnlinie Aachen-Hauptbahnhof-Ronheide sowie die Ausfallstraße (Raerener Straße, Eupener Str. und Emmichstraße) wurde mit Sprengbombenteppichen und Brandbomben belegt. Auch die übrigen Wohnviertel wurden stark beschädigt. Es wurden hauptsächlich Sprengbomben mit einem Gewicht von 500 kg abgeworfen. Die Versorgungs- und Verkehrsanlagen im Stadtgebiet wurden zerstört.

Beim ersten Bombenteppich (nach fünf Minuten) fielen die Nachrichtenmittel einschließlich Polizeifunkanlage aus. Die Befehlserteilung von und zu den Dienststellen konnte nur durch Melder aufrecht erhalten werden.



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Polizeipräsidium Aachen. Eingang Im Mariental nach dem Luftangriff vom 11. April 1944
Das 5. und 6. LS-Revier erhielt einen Treffer in die Befehlsstelle, wodurch der Revierführer, Revier-Hauptmann Micklisch mit folgenden Unterführern den Tod fand:

Karl Bobzin, Karl Rütters, Hubert Fischer, Josef Bonn, Ludwig Krott, Karl Reitz, Anton Pützfeld, Mathias Kemper, Lambert Nießen, Ernst Kohler, Jean Frantzen, Hubert Hübner, Ferdi-nand Warring, Franz Kuck (Pol.Komp), Bauer, Angehöriger der Stadtwacht, Jacob Krott (LS-Polizei). Außerdem fielen Angehörige der HJ, die als Schnellkommando dem Revier zur Verfügung standen.

Wegen Ausfall der Nachrichtenmittel war die Führung des LS-Ortes besonders schwer. Durch die Dichte des Bombenteppichs (Fahrbahn durch Trümmer bedeckt, Bombentrichter, Blindgänger) war die Heranführung der Feuerlöschkräfte äußerst schwierig und in vielen Fällen unmöglich.

Folgende Krankenhäuser wurden beschädigt:
Städtische Krankenanstalten, Goethestraße
Luisenhospital, Boxgraben
Marienhospital, Abteistraße
Landesbad Burtscheid
Krankenhaus Forst
Krankenhaus Emmichstraße (Sanatorium; heute St. Franziskus Krhs.)

In den Städtischen Krankenanstalten fielen 80 Kranke und 11 Pflegepersonen.

15 Kranke und 16 Pflegepersonen wurden verwundet.

Im Luisenhospital waren ebenfalls Gefallene und Verwundete.

Der Straßenbahnverkehr in der Innenstadt wurde durch starke Zerstörung der Gleis- und Oberleitungsanlagen gänzlich unterbrochen.

Die schweren Sprengbomben, die mit Verzögerung abgeworfen wurden, zerstörten viele LS-Räume, darunter auch öffentliche Luftschutzräume.

Das Polizeipräsidium erhielt einen Volltreffer und wurde dadurch schwer beschädigt.

Die Wasserversorgung wurde durch den Einsatz von Wasserwagen und die Alarmierung wegen des Ausfalls der Großanlagen durch Sirenenwagen sichergestellt.

Gefallene: 1502, darunter 454 Männer, 758 Frauen, 212 Kinder, drei aktive Luftschutzpolizisten, 14 von der Polizei-Reserve, 4 von der LS-Polizei, 49 Angehörige der Wehrmacht und acht unkenntliche Personen.

Tote: 23 Personen, davon 13 Kriegsgefangene und 10 ausländische Arbeiter. 49 Angehörige der zwischen 02.20 Uhr und 02.32 Uhr ungefähr 135 Feindflugzeuge über Aachen.

Ein weiterer Großangriff, der nicht unerwähnt bleiben darf erfolgte am 28.05.1944, von 02.00 Uhr bis 02.32 Uhr auf den Stadtteil Aachen-Forst. Ca. 135 Feindflugzeuge legten mit 1568 Spreng- und 2400 Stabbrandbomben mehrere Bombenteppiche.

Zerstört wurde das Krankenhaus Forst, das Landesbad, die Gelbe Kaserne beschädigt und die Wasserburg Schönrath zerstört. Der Angriff fordert 167 Tote und 164 Verletzte.


Das Kriegs-Tagebuch berichtet:

Es sah schon schlimm genug um die Versorgungsleitungen der Stadt Aachen aus. Den Rest erhielten sie am 28. Mai 1944, da befanden sich zwischen 02.20 Uhr und 02.32 ungefähr 135 Feindflugzeuge über Aachen.

1568 Sprengbomben, davon 128 Blindgänger bzw. Langzeitzünder, wurden im Teppichabwurf auf den Stadtteil Forst, mit Schwerpunkt Rothe Erde" abgeworfen. Außerdem wurden 2400 Stabbrandbomben abgeworfen.



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Die Gleisanlagen des Bahnhofs Rothe Erde, die bei dem Terrorangriff am 25.5.1944 nicht zerstört wurden, sind bei dem Angriff umgepflügt worden. Der Durchgangsverkehr wurde unterbrochen.

Das Stadtteil Aachen Forst wurde durch den Teppichabwurf dem Erdboden gleichgemacht. Das Krankenhaus Forst und das Landesbad wurden schwer beschädigt.

Das 4. Polizeirevier wurde durch Volltreffer vollständig zerstört. Hierbei fielen der Zugwachtmeister der Schutzpolizei Bongartz und der Oberwachtmeister der Schutzpolizei der Reserve Heinrich Kück sowie die Melder Kaußen und Leisten und die Angehörigen des Schnellkommandos Büchel und Stanten. Hauptwachtmeister der Schutzpolizei Küpper erlitt einen Rippenbruch.

Die Unterkunft der LS-Polizei (FF Aachen-Forst) wurde ebenfalls durch Volltreffer zerstört. Es fielen 19 Angehörige der LS-Polizei und zwar: Wilhelm Mohr *, Wilhelm Willms, Rudolf Weber, Jakob Jung, Jakob Kleppgen, Fritz Hickmann, Josef Salzburg, Fritz Kreitz, Georg Stein, Franz Brodmützler, Paul Farber *, Mathias Orbon, Peter Koch, Josef Plum, Nikolaus Rosen, Anton Mettenis, Gerhard Horbach, Stephan Zeycher und Albert Räbel.

* = Mitglieder der FF Aachen Forst

Das Heeresverpflegungsamt wurde völlig zerstört, die Gelbe Kaserne" schwer beschädigt. Die Versorgungsleitungen schwerstens getroffen. Der Straßenbahnverkehr wurde unterbrochen.

Durch Volltreffer auf den LS-Bunker Zeppelinstraße entstanden durch herabfallende Betonteile (Fliesen) Verluste und zwar: Drei Gefallene und 13 Verwundete.

21 Industriebetriebe wurden getroffen, davon vier völlig zerstört, neun schwer und sechs leicht beschädigt.

Gefallene: 167 Personen, davon 61 Männer, 52 Frauen, 10 Kinder, 1 aktive Schutzpolizei, 6 Polizei-Reserve, 17 ausländische Arbeiter.

Verwundete: 164 Personen, davon 65 Männer, 89 Frauen, 7 Kinder, 1 aktive Schutzpolizei, 1 ausländischer Arbeiter.

Als besondere Erfahrung kann bemerkt werden, daß der Bombenteppich in der kurzen Zeit von 12 Minuten abgeworfen wurde.

220 Wohnhäuser wurden völlig zerstört, 61 schwer beschädigt, 45 mittelschwer beschädigt und 277 leicht beschädigt.

Eine Augenzeugin berichtet:
Am 28. Mai 1944 befanden sich gegen 2.20 Uhr rund 135 Flugzeuge über Aachen. An diesem Freitag vor Pfingsten wollen die Menschen in Aachen-Forst am Himmel eine 28" gesehen haben, von alliierten Flugzeugen gemalt". Ob diese 28" Fiktion oder Wirklichkeit oder menschlicher Angst war.

Diese 28" konnte von jenen, die sie aus den Wolken herausgelesen hatten, nur als Mahnung verstanden werden: Wir kommen wieder." Und sie kamen wieder, sie waren am 27. Mai 1944 mit einem erheblich geringeren Aufgebot dagewesen - und sie meldeten sich durch Alarm für den 28. Mai an.

Das Wetter versprach einen heiteren und sehr warmen Tag. Um 1.45 Uhr heulten die Sirenen.

Augenzeugin: Bis zum Angriff auf Burtscheid am 11. Mai 1944 sind wir niemals in den Bunker gegangen. Wir hatten einen recht stabilen Keller." Selbst am 25. Mai blieben Margarethes Angehörige, die Familie Schwartz daheim. Nur in den frühen Morgenstunden des 28. Mai verhielten sie sich anders. Wir gingen in den Bunker Zepppelinstraße." Dieser Hochbunker, der heute grau und verwittert aussieht, ließ sich von der Familie Schwartz in einer knappen Minute erreichen. Sie wohnte in der Trierer Straße 92-94 und der Vater, zu jener Zeit Soldat, betrieb die Gastwirtschaft Kirsch. Diese Gastwirtschaft existiert heute noch in diesem Haus. Der ledige Bruder der Augenzeugin, wählte den Beruf seines Vaters, übte ihn aber in der Lintertstraße aus.

Auch die Familie Theunissen eilte in den Hochbunker. Weil sich erst einmal nichts tat, drängten die Menschen mühsam ins Freie. Die Augenzeugin: Der zweite Alarm folgte rasch". Noch rascher attackierten die feindlichen Geschwader, die es eilig hatten, jedweden deutschen Nachschub an die Westfront zu unterbinden, denn vom 6. Juni sollte die Invasion rollen.

Augenzeugin: Die Familie Theunissen befand sich beim zweiten Alarm nicht mehr im Bunker, sondern im Brüllskeller. Brülls war eine Spinnerei an der Trierer Straße." Viele Menschen suchten in diesem Keller Schutz - und es wiederholte sich, was am 11. April im Gregorius Haus blankes Entsetzen ausgelöst hatte: Die Bomben trafen den Keller, töteten, wie die Augenzeugin sich erinnert, über 80 Menschen. Darunter 56 ukrainische Mädchen und die sieben Mitglieder der Familie Theunissen."

Wer im Hochbunker unterkriechen konnte, durfte sich glücklich schätzen, denn er besaß einen Überlebensschein ... bis auf wenigen Ausnahmen. Wie viele Bomben im Zentrum des



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Rathaus 1945
Infernos auf den Bunker fielen, kann die Augenzeugin nicht beantworten, aber ihr fällt ein, daß Betonbrocken von der Decke fielen, Menschen töteten und verletzten. Für 800 Leute war der Bunker gedacht, 4000 schoben sich hinein. Wir standen dicht aneinandergedrängt. Kerzen ließen sich nicht mehr anzünden, so verbraucht war die Luft - und die Turbinen, die für Frischluft sorgten, durften nicht mehr gedreht werden, sie hätten nur Staub und Rauch hereingesogen".

Draußen der Weltuntergang, das Ende des Stadtteils Forst von der Spinnerei Brülls bis Rothe Erde, bis zur Beverau, aber auch die Innenstadt kam nicht glimpflich davon.

2400 Stabbrandbomben, 1568 Sprengbomben zerstörten die Straßen und Wohnungen; vier Industriebetriebe zerbarsten; neun Fabriken trugen schwere Schäden davon, 167 Menschen starben, 164 wurden verwundet. 220 Wohnhäuser existierten nicht mehr, 61 waren erheblich demoliert, 45 mittelschwer und 277 leicht getroffen worden.

Augenzeugin: Im Bunker sind die Menschen wie erstarrt gewesen." Gegen 2.32 Uhr, 12 Minuten nach Beginn des Angriffes, drehten die Flugzeuge ab. Langsam regte sich im Bunker Zeppelinstraße wieder das Leben, flackerte schwache Hoffnung.

Augenzeugin: Nach der Entwarnung wurden Namen gerufen - es ging durch die Gänge, die Räume...der lebt...der lebt." Es war keine Bilanz der Zuversicht, wohl aber der Erleichterung: Noch einmal davongekommen zu sein.

(aus dem Buch: Aachen in Trümmer)

Der Stadtteil Aachen-Forst wurde durch Teppichwurf dem Erdboden gleichgemacht!

In dieser schweren Zeit kamen die Bürger unserer Stadt fast nicht mehr aus den Bunkern und ihren Kellern. Die Feuerwehr der Stadt Aachen, gezeichnet von schweren Verlusten und Schäden an Gebäuden und Gerät, versuchte so gut wie möglich zu helfen, war jedoch dem Inferno keineswegs gewachsen, zumal immer mehr Personal an die Wehrmacht und den Feuerschutz-Regimentern abgegeben werden mußte.

Am 12. September 1944 um 21.20 Uhr gibt der Polizeipräsident den Befehl, daß die gesamte Polizei, also auch die Luftschutzpolizei, Aachen sofort zu verlassen hat!

Nachdem in den Abendstunden des 12. September 1944 die amerikanischen Truppen den Südrand des Stadtgebietes erreicht hatten, wurde die amtliche Räumung der Stadt bekanntgegeben. Neben großen Teilen der Bevölkerung und sämtlichen Behörden verließ auf höheren Befehl auch die gesamte Polizei einschließlich Luftschutzpolizei, wozu auch die Feuerwehr und der Sanitätsdienst mit sämtlichen Fahrzeugen und Ausrüstungsgegenständen zählte, die Stadt und setzte sich in Richtung der festgelegten Ausweichorte in Marsch.

Die Feuerlöschpolizei (Berufsfeuerwehr) Aachen verließ die Stadt mit allen Fahrzeugen und dem gesamten Personal um fortan in anderen Städten (Solingen und Remscheid) zu löschen.

Die alte Kaiserstadt Aachen hatte keine Feuerwehr mehr!

Um 8.30 Uhr gibt es Großalarm, der letzte, es wurde nicht mehr entwarnt!

Die Trümmermenge betrug 3.400.000 m3;
auf jeden Einwohner entfielen 21,5 m3 Schutt.

Insgesamt wurden 25 700 Wohnungen (48 %) zerstört.

Im angeführten Zeitraum wurde in Aachen 739 mal Luftalarm, mit einer Gesamtdauer von 1064 Stunden gegeben.

Bis zur Evakuierung fanden 2349 Zivilisten den Tod.



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